Das Pressearchiv unserer Gemeinde
Himmelsschlüsselblumen unter Regenbogen
Veröffentlicht am 15.03.2004
in Kornwestheimer Zeitung
Himmelsschlüsselblumen unter Regenbogen
Johanneskantorei singt Händels 'Brockes-Passion“Kornwestheim (alw). Wegen eines Unfalls konnte Kantor Matthias Nägele das Konzert am Sonntagabend in der Johanneskirche nicht selbst dirigieren. Aus diesem Grund übernahm seine Schwägerin Manuela Nägele die musikalische Leitung der immer noch recht unbekannten 'Brockes-Passion“ von Georg Friedrich Händel.
Der Text des einzigen deutschsprachigen Oratoriums von Händel wurde von dem Hamburger Dichter Barthold Heinrich Brockes verfasst. Auch später diente der Brockes-Text als Grundlage für Passionskompositionen. Händel veröffentlichte die Passion im Jahre 1716.
Manuela Nägele machte mit dem Orchester und der Johanneskantorei die klanglichen Schönheiten der Partitur deutlich. Das Bild vom Regenbogen, die Himmelsschlüsselblumen oder der Dialog zwischen Solostimme und Chor 'Eilt, ihr angefochtnen Seelen“ gewannen stürmischen Impetus.
Barbara Klumpp (Sopran) gefiel als Tochter Zion mit durchaus strahlkräftigen Spitzentönen. Christina Rabsch-Dörr (Sopran) machte als Gläubige Seele und Maria auch den pathetischen Charakter der Komposition deutlich. Hans-Joachim Weber (Tenor) überzeugte als Evangelist genauso wie Peter Schaufelberger (Tenor) als Petrus mit voluminöser Ausdruckskraft. Thomas Pfeiffer (Bass) beeindruckte als Jesus mit ausgesprochen weichem gesanglichen Timbre. Die von Händel raffiniert eingebauten Chorsoli wiesen auf die zahlreichen Einflüsse aus Händels Oratorien wie 'Der Messias“, aber auch 'Judas Makkabäus“, 'Israel in Ägypten“, 'Jephtha“, 'Salomo“, 'Samson“ oder 'Saul“ hin. Feingliedrige Motive und thematische Querverbindungen machte die umsichtige Dirigentin Manuela Nägele deutlich.
Einflüsse aus Opern kamen ebenfalls deutlich zum Zug. Manuela Nägele übertrieb die Emphase da jedoch keineswegs. Akkordische Sequenzen und polyphoner Reichtum blühten auf, hymnische Passagen rissen die Zuhörer mit. Ansteigende Themen vermittelten oftmals eine für Händel typische lyrische Ekstase, die der atemlosen harmonischen Bewegung folgte. Dies zeigte vor allem auch der ergreifende Schluss-Choral 'Ich bin ein Glied an deinem Leib, des tröst' ich mich von Herzen...“ Kontrapunktisch vielschichtig wirkte auch das Chor-Terzett 'O Donnerwort! O schrecklich Schreien!“ mit rhythmisierten Oktavabstürzen und chromatisch wilden Skalenläufen, die sich weiter verdichteten.
Der feierlich-tragische Hintergrund der Kreuzigungsszene rückte ebenfalls in ein deutliches Licht. Dramatisch bewegte Accompagnato-Rezitative wie Marias 'Ach Gott! Mein Sohn wird fortgeschleppt, wird weggerissen!“ leuchteten hell auf und hinterließen einen starken Eindruck. Gelegentliche Intonationsschwächen bekam das Ensemble dank der Dirigentin Manuela Nägele rasch wieder in den Griff. Sie wählte zügige Tempi. Feine dynamische Abstufungen und kunstvolle chromatische Bittmotive bereicherten den Klangkosmos. Einflüsse von Johann Sebastian Bach kamen dezent zum Vorschein und Passacagliaartige Einschübe gaben dem harmonischen Geschehen immer wieder neuen Schwung.
Die Online-Publikation dieses Artikels erfolgt
mit freundlicher
Genehmigung der
Kornwestheimer Zeitung
<< Zurück zur Übersicht
Mit über 4.100 Artikeln ist das Online-Pressearchiv auf dem Bezirksportal meinekirche.de das umfangreichste dieser Art innerhalb der Landeskirche.
Hier finden Sie eine enizigartige Dokumentation der regionalen Geschichte unserer Gemeinden und Einrichtungen seit den frühen 1960er Jahren.
In der Grundeinstellung finden Sie hier Kornwestheimer Artikel ab 1975. Über die Suchmaske können Sie noch gezielter nach Artikeln der ehemaligen Einzelgemeinden Kornwestheims oder aus anderen Gemeinden des Kirchenbezirks suchen.