Andacht- und Predigt Archiv
Zum Sonntag: Von der Freiheit ...
Veröffentlicht am Sa, 26.02.2022
von Karlheinz Hering
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Möglingen
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Pfarrer, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter
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Freiheit – es sind vor allem die sogenannten „Spaziergänger“, die sich als „Querdenker“ bezeichnen, die diesen Begriff in diesen Tagen nutzen und strapazieren. Denn es scheint eine Freiheit des reinen Dagegen-Seins, ohne soziale Zusammenhänge zu bedenken; Freiheit, die sich an nichts messen, durch nichts relativieren lassen will.
Aber Freiheit verträgt keine Absolutismen, sie braucht Zwischentöne. Freiheit ist kein einzigartiger Wert, neben dem alles andere nichts zählt. Es geht nicht nur um die Freiheit des Einzelnen. Meine Freiheit hat immer auch Konsequenzen für meine Mitmenschen und findet dort ihre Grenze. Es ist keine Freiheit, wenn Menschen aufgrund überlasteter Krankenhäuser auf dringende Operationen warten müssen. Auch das ist eine Gefährdung des Rechts auf Unversehrtheit, das Impfgegner so leicht im Munde führen.
„Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan“, so heißt es in Martin Luthers „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Freiheit durch Christus von allem, was mich einengt und bedrängt. Freiheit von Abhängigkeiten, Herrschaft, Zwängen.
Doch ist dies nur die eine Hälfte der Wahrheit. „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan“, so heißt es im darauffolgenden Satz. Das zeigt an, christliche Freiheit besteht nicht einfach darin, zu tun und zu lassen, was ich will. Freiheit ist nicht nur Freiheit von Verboten, Einschränkungen und Bevormundung; nicht einfach Beliebigkeit, nach der alles geht. Sie eignet sich nicht als Vorwand für individualistische Bedürfnisbefriedigung.
Die Zwillingsschwester der Freiheit ist die Verantwortung. Meine Freiheit geht nicht nur mich selbst etwas an. Sie ist immer gebunden an meinen Nächsten, an den Dienst, an die Liebe ihm gegenüber. Christliche Freiheit öffnet das Herz und die Sinne für die Schwachen, Gefährdeten, Verwundbaren. Auf meine individuelle Freiheit zu verzichten ist ein Akt tätiger Liebe. Niemandem mehr untertan und jedermann untertan, wie Martin Luther schreibt; ganz frei und immer verantwortlich, für mich selbst und für andere.
Wenn noch mehr so denken würden, könnten wir auf eine Impfpflicht vielleicht sogar verzichten.
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