Andacht- und Predigt Archiv
Zum Sonntag: Um Worte ringend
Veröffentlicht am So, 29.11.2020
von Martin Merdes
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Asperg
Wenn Sie diese Zeilen lesen, steht die Adventszeit vor der Tür. Am Sonntag ist der 1. Advent! Ja, der Advent ist wirklich eine besondere Zeit und normalerweise habe ich da den Anspruch, dass alles, was in dieser Zeit geschieht, besonders ist: Besonders stimmungsvoll (das Adventskonzert), besonders gemütlich (der Besuch des Weihnachtsmarktes), besonders harmonisch (die Stimmung in der Familie), besonders lecker (die Plätzchen), besonders originell (die Geschenke), …
Doch 2020, im Corona-Jahr? Da merke ich, dass mir dieser kleine Virus schon wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Vieles von dem, was „normalerweise“ die Adventswochen bereichert, kann nicht oder kann so nicht stattfinden. Das ist anstrengend und zehrt an den Nerven. Und so sitze ich am Schreibtisch und fühle mich angesichts dieser Erwartung und unserer besonderen Situation im Jahr 2020 besonders leer. Ich möchte Ihnen etwas besonders Schönes schreiben, aber mir mag nichts einfallen, was dem Anspruch des Besonderen gerecht wird. Alle Gedanken, die mir in den Sinn kommen, scheinen nur eines: besonders gewöhnlich.
Zuerst noch versuche ich, die innere Leere krampfhaft zu füllen, blättere in Gedichtbänden und krame in meinen Gedanken nach einem hübschen Bild oder einer netten Geschichte. Wenn mir schon nichts Originelles einfällt, vielleicht hat ein anderer eine Idee? Irgendwann gebe ich auf. Das wird so nichts. Ich lege all die Bücher mit den Geschichten und Gedichten weg.
Wohler wäre mir, wenn mein Kopf jetzt nicht leer, sondern frei wäre. Frei von der Erwartung, dass ich etwas Außergewöhnliches zustande bringen muss. Etwas Außergewöhnliches zuwege bringen - diese Erwartung ist tatsächlich ganz und gar abwegig im Blick auf den Advent. Es geht ja gerade nicht darum, dass ich etwas Besonderes tue, sondern dass Gott etwas Besonderes tut. Dass er durch Jesus zu uns kommt. Und das nicht nur zu Heiligabend, sondern auch jetzt, in diesem Moment. Schlicht und unspektakulär kam er damals. Und so kommt er auch heute. Ob wir ihn in Erwartung des Außergewöhnlichen und Besonderen erkennen? Und ob wir ein freies (kein leckeres, ein freies) Plätzchen für ihn haben? Das frage ich mich und grüße Sie herzlich!
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