Andacht- und Predigt Archiv
Zum Sonntag: Spuren
Veröffentlicht am Sa, 10.03.2012
von Richard Fock
Diakon / Kath. Kirche, Sonstige Dienste
Spuren werden in vielerlei Hinsicht symbolisch gedeutet. Spuren sind ja auch etwas Besonderes. Sie sagen uns: Hier war jemand, hier hat jemand einen Eindruck hinterlassen, hier trug sich einmal etwas zu. Und gerade in einer leblos scheinenden Winterlandschaft zeigen Spuren, dass es auch hier Leben gab und gibt. Spuren lassen Vergangenes gegenwärtig werden.
Spuren hinterlassen immer auch unsere alltäglichen Begegnungen, in uns und im Anderen. Die Bedeutung dieser Begegnungen kann nicht hoch genug gewertet werden. Dies ist ein Ergebnis der Hirnforschung in den vergangenen Jahren: Unser Hirn bliebe sozusagen ein rudimentäres Organ, wenn es von Geburt an auf sich alleine gestellt wäre. Nur durch den Austausch mit der Umwelt und den Mitmenschen wird es zum zentralen Denkorgan, das uns zu einer eigenständigen Persönlichkeit macht. Nur durch unsere Beziehungen werden wir überhaupt zu Menschen.
Aber nicht alle unserer Begegnungen fördern unser Menschsein in positiver Weise. Nicht alle hinterlassen Spuren, die stärken, die fördern, die voranbringen, die das Leben gut und erfüllt sein lassen. Jetzt in der Fastenzeit sind wir aufgefordert, dem einmal in Ruhe zu nachzugehen, wo wir noch so unvollkommen sind, uns bewusst zu werden, wo wir Spuren hinterlassen, die ungut, niederdrückend, vielleicht sogar zerstörerisch wirken. Dies zu entdecken kann schmerzhaft sein, kann aber zu einem Wandel führen, der etwas Befreiendes an sich hat.
Schön ist es dabei, dass wir keine Angst zu haben brauchen, dass diese Spuren ein für allemal gelegt sind, dass hier nichts mehr rückgängig zu machen ist. Denn es gibt Tauwetter, im kon-kreten wie im übertragenen Sinn:
Wenn der Schnee weggetaut ist, werden keine Spuren mehr zu erkennen sein. Noch ist es nicht so weit, aber die dunkle Erde ist bereits sichtbar. Der Frühling kündigt sich an. Bald ist es, als hätte es diese Spuren nie gegeben.
Wenn wir uns versöhnt haben, wenn wir unsere Haltung geändert haben und wir einen Weg gefunden haben, keine negativen Spuren mehr zu hinterlassen, dann verschwinden auch die-jenigen Spuren in unserer Seele, die wir sowieso am liebsten vergessen mögen. Dann ist für uns persönlich schon ein bisschen Ostern, ein klein wenig Auferstehung.
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