Andacht- und Predigt Archiv
Zum Sonntag: Schimmer der Ewigkeit
Veröffentlicht am Sa, 20.11.2021
von Sabine Leibbrandt
Pfarrerin, Klinikseelsorge Ludwigsburg
Zeitempfinden ist relativ. Es gibt Augenblicke, von denen man wünschte sie dauerten wirklich ewig. Momente enger Verbundenheit mit einem geliebten Menschen, tiefempfundenes Glück, das einem unerwartet beschert wird. Die Zeit steht still.
Ein Moment der Ewigkeit ist spürbar und man möchte ihn behalten.
Zeitempfinden ist relativ. Im Krankenhaus vergeht die Zeit meist besonders langsam. Wartezeiten füllen den Tag. Warten auf die Untersuchung. Warten auf das Ergebnis. Warten bis der Arzt die Diagnose stellt. Warten, bis jemand kommt, wenn ich geklingelt habe. Die Zeit dehnt sich. Ewig. Diese qualvoll gedehnte Zeit ist schwer auszuhalten.
Ewigkeit ist ein so ein schillernder Begriff. In ihm steckt die Unendlichkeit genauso, wie die Begrenzung. Besonders schmerzlich wird uns das bewusst, wenn das Leben geliebter Menschen endet. Wie unglaublich schwer ist es auszuhalten, dass unsere Toten wirklich nicht mehr bei uns sind. Das Gespräch ist verstummt, das vertraute Atmen aus dem Bett nebenan auch, die lieb gewonnene Floskel, die immer wiederkehrte, das Rascheln im anderen Zimmer, alles ist ein für alle Mal verstummt. Mancher Streit bleibt für immer ohne Lösung. Der Schmerz der Trauer läuft durch die ganze Seele und erschüttert das Leben bis in dessen Fundament. Und doch geht das Leben der Lebenden und der Toten weiter. Wenn wir unserer Verstorbenen gedenken, rechnen wir mit ihrem Aufgehobensein in der Ewigkeit Gottes. Für uns sind sie aus der Zeit gefallen, nicht mehr erreichbar. Doch wenn morgen ihre Namen in den Gottesdiensten gelesen und erinnert werden, glauben wir sie an dem Ort, auf den auch wir am Ende unseres Lebens hoffen. Mit Matthias Claudius formuliert:
Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit;
Und alle Welt vergehet mit ihrer Herrlichkeit.
Es ist nur Einer ewig und an allen Enden,
Und wir in seinen Händen.
Die wöchentlichen Andachten
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