Andacht- und Predigt Archiv
Zum Sonntag: Option für die Armen
Veröffentlicht am Sa, 22.01.2022
von Oliver Merkelbach
Dekan / Kath. Kirche, Sonstige Dienste
Im Lukasevangelium folgt auf die Weihnachtserzählungen und die Berichte von Taufe und Versuchung die sogenannte Antrittsrede Jesu. In der Synagoge von Nazareth bekennt er sich als der von Gott Gesandte, damit er den Armen eine frohe Botschaft bringe. Die Sorge Jesu gilt also zuallererst den Armen.
Armut meint dabei mehr als bloß fehlende Geldmittel. Armut kann sich in allen Dimensionen des Menschseins zeigen. Arm sind Menschen, die an einem Mangel an Lebensmöglichkeiten leiden, sei es in körperlicher, seelischer, sozialer oder geistiger Hinsicht. Gerade ihnen möchte Jesus in ihrer Not helfen, sie heilen oder befreien. Die Betroffenen erleben diese Erfahrung als Gottes Kraft, Gottes Beistand, Gottes Trost, Gottes Rat oder Gottes Geleit.
So erschließt sich, was christliche Lebenshaltung und Nachfolge Jesu bedeutet. Es geht in einem tiefen Sinn um eine Option für die Armen. Es geht um einen liebevollen Blick auf Menschen in ihrer Not. Es geht um Mitgefühl und Mitsorge. Es geht darum, dass jeder Mensch seinen Weg finden und gehen, dass er an Herz und Seele wachsen kann.
Dieser liebevolle Blick Jesu, der am Anfang des Christentums steht, heißt im Lateinischen: Caritas. Caritas ist nicht zuerst eine Hilfsorganisation oder ein soziales Arbeitsfeld. Caritas ist zuallererst eine innere Haltung. Caritas heißt: Not wahrnehmen, sich davon berühren lassen und bereit sein, sich solidarisch füreinander einzusetzen.
Genau darin besteht auch der Sinn von Kirche. Sie hat nur eine einzige Aufgabe: mitzuhelfen, dass Menschen den liebevollen und sorgsamen Blick Gottes in ihrem Leben erfahren können. Kirche lebt dort, wo Menschen die Liebe Gottes an Leib und Seele spüren. Kirche ist (nur) dort, wo ein Raum für Heilung und Heil entsteht.
Oliver Merkelbach
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