Andacht- und Predigt Archiv
Zum Sonntag: Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz...
Veröffentlicht am Sa, 16.04.2022
von Christina Hörnig
Referentin beim Dekan, Evang. Dekanatamt Ludwigsburg
Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz, keine leichte Sache. Ich meine das Kreuz Jesu, sein Leiden und Sterben. Nicht erst heute fällt es schwer zu verstehen, was damals passierte und welche Bedeutung es hat. Für viele ist es mehr als die unschuldige Hinrichtung eines besonders vorbildlichen Mannes. Eine Märtyrergeschichte sagt nicht genug über das damalige Geschehen auf Golgatha aus. Die Wirkung bis heute schließt für mich all die Bilder des schrecklichen Leids und erbarmungslosen Tötens unserer Tage in der Ukraine, im Jemen, Mali und Syrien mit ein. „Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst.“ Gott in allem Leid, in jedem Tod mitzudenken ist eine bleibend große Herausforderung. Es ärgert oder es erscheint als dumm. Es war und bleibt ein Kreuz mit dem Kreuz. Warum glauben dennoch einige, dass es wert ist auf das Kreuz zu schauen, (un)-gläubig staunend, fassungslos traurig und getröstet zugleich? Mit der bloßen Vernunft erschließt sich das Kreuz Jesu nicht. Wer das Kreuz Jesu in seiner Bedeutung für Gott, für uns Menschen ansatzweise verstehen möchte, muss „nach oben offen“ bleiben. Der Tod Jesu bedeutet das Ende von üblichen Gottesbildern wie Allmacht, Unsterblichkeit, Unnahbarkeit. Stattdessen sehen Menschen im Kruzifix einen Gott, der sich berühren, der sich in unbeschreiblicher Freiheit ins Menschsein verwickeln lässt, der es für keine Schande hält Mensch zu sein: leidenschaftlich, leidensfähig, sterblich. Gott nimmt das Leiden der Menschen als sein Leiden an. Heute am Karsamstag scheint es möglich zu sein, dass alles aus ist und Gott selbst tot. Wenn es morgen nicht Ostern werden würde. Das Kreuz mit dem Kreuz wird an Ostern nicht rückgängig gemacht, sondern behutsam in ein neues Licht gehüllt: kraft der unverbrüchlichen Hingabe Gottes an uns Menschen ist die Liebe stärker als der Tod. Es bekommt nicht der Recht, der tötet, sondern der, der leidet und an der Liebe festhält. Das Kreuz, die Auferstehung kann keine allgemeine Wahrheit wohl aber ein persönliches Bekenntnis sein: „Kreuz, auf das ich schaue, steht als Zeichen da; der, dem ich vertraue, ist in dir mir nah.“
Zur Übersicht
Die wöchentlichen Andachten
evangelischer bzw. ökume-
nischer Autorinnen und Autoren (Angedacht KWZ
und Zum Sonntag, LKZ)
werden zeitnah in diesem
Archiv erfasst.