Andacht- und Predigt Archiv
Vogelgrippe
Veröffentlicht am Fr, 24.02.2006
von Ulrich Theophil
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Johanneskirche
Pfarrer, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter
-
Geht in Deutschland eine neue Angst herum? Die Angst vor einer unheilbaren Krankheit? Die große Sorge sich unbemerkt anzustecken und dem Tod hilflos ausgeliefert zu sein? Ja, die Vogelgrippe ist uns sehr nahe gekommen, bedrohlich nahe. Sie ist kein asiatisches Problem mehr. Sie ist mitten unter uns angekommen und wir können die Augen nicht mehr davor verschließen. Erste Maßnahmen werden als Zeichen der Stärke und der Entschlossenheit umgesetzt. Viele Statements sind zu hören, dass man alles im Griff hat und die Lage zwar Ernst, aber nicht bedrohlich ist. Doch mit den nicht zu kontrollierenden Vögeln scheint auch bei vielen Menschen eine heimliche Angst mit eingeflogen zu sein, die mit der Vernunft nicht zu begreifen ist. Da wird das Essverhalten abrupt verändert und die ganze Geflügelhaltung hat schwer an den Folgen zu tragen. Da werden in panischen Anfällen Vögel geschlagen oder umgebracht, als ob man damit dieser Krankheit Einhalt gebieten könnte. Auf sehr starke und emotionale Weise werden zum Teil die eigenen Ängste ausgelebt. Mit diesen vorsichtigen oder irrationalen Verhaltensweisen werden Menschen nichts zum Einhalt dieser Krankheit beitragen können. Sie bewirken gerade das Gegenteil. Die Angst wird dadurch nicht weniger.Von kleinen oder großen Ängsten sich im eigenen Leben leiten und anstecken lassen, das geschieht sehr schnell. Angst hat immer etwas damit zu tun, wie ich dem Unbekannten und dem Unheimlichen begegne, wie sehr ich mich ihm ausliefere. Mit der Vernunft lassen sich tief sitzende Empfindungen und Emotionen meist nicht auffangen. Doch müssen wir angesichts der Vogelgrippe wirklich Angst haben? Wie sah es denn damals mit dem Aidsvirus aus? Der damaligen Angst ist die heutige Gewohnheit gewichen.Statt der Angst Raum zu geben, sollten wir uns doch lieber sorgen. Sorgen dafür, dass dieser Grippevirus unter Kontrolle gehalten wird. Sorgen dafür, dass wir vernünftig reagieren und agieren. Uns so versorgen, dass wir mit der Natur im Einklang leben können. Denn das wäre für mich wirklich die größte Angst, dass wir uns nicht mehr sorgen.
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