Andacht- und Predigt Archiv
Urlaub und Utoya
Veröffentlicht am Fr, 26.08.2011
An der Zeltplatz-Rezeption in meinem Dänemarkurlaub, spielte sich hinter meinem Rücken eine Abschiedsszene zwischen der Betreuerin des Platzes und einem anderen Reisenden ab: Beide nahmen sich lange in den Arm und die Betreuerin wünschte dem jungen Mann, dass es ihm gut ergehen möge. Danach erzählte sie uns, dass er einige Tage zuvor, am ganzen Körper zitternd, von einer Insel in Norwegen, wir alle kennen inzwischen ihren Namen, Utoya, hier angekommen sei und sie ihm viel Zeit gewidmet habe, um ihn zu trösten und um mit ihm zu reden.Ein anderer junger Mann hatte sich wenige Tage zuvor angemaßt, im Besitz des einzig richtigen Verständnisses europäischer Kultur und Wahrheit zu sein und sah sich legitimiert die Wahrheit und das Leben dieser anderen zu zerstören – im Namen jüdisch-christlicher Tradition.Wir ChristInnen feiern am Sonntag in unseren Gottesdiensten den sogenannten Israelsonntag, ein Sonntag, der es in unseren Kirchen immer schwer hatte (und das wird wohl auch so bleiben). Wir vergewissern uns damit nämlich unserer Identität als ChristInnen, die nicht losgelöst werden darf von der Erkenntnis, dass wir uns selbst, das Christentum nicht verstehen können ohne Gottes Beziehung zu seinem Volk Israel, (zu dem ja auch Jesus Christus und alle Jüngerinnen und Jünger gehörten).Die Herausforderung die hinter diesen unterschiedlichen Gottes-Beziehungen steckt: Wir gehen an unserer Identität vorbei, wenn wir die Spannung nicht aushalten, dass andere – wir sind nicht das jüdische Volk - eine besondere Beziehung zu Gott und damit zur Wahrheit haben, die nicht die unsere ist.Identität, das wird für uns ChristInnen vor allem am Israelsonntag deutlich, hat auch mit der Frage zu tun, wie wir mit denen umgehen, mit denen wir nicht identisch sind, die anderes glauben und anders denken als wir selbst es tun.Die Mütter und Väter des christlichen Glaubens haben diese Spannung als unhintergehbar für unseren Glauben angesehen und das besondere Verhältnis Gottes zu Israel, wie es im Alten Testament erzählt wird, zu einem grundlegenden Teil unserer eigenen, der christlichen Identität, gemacht.
Die Jugendlichen, auf Utoya, suchten und suchen bei ihren Sommercamps nach Möglichkeiten des Zusammenlebens und des gegenseitigen Respekts von Menschen mit verschiedenen Kulturen und Religionen, machen sich Gedanken über Spannungen, über Schwierigkeiten und Hoffnungen – obwohl Sozialisten und Sozialdemokraten – und von daher nicht unbedingt religiös -, stehen sie damit in einer kulturellen Tradition, die man im guten Sinn als christlich-jüdische Kultur bezeichnen kann.
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