Andacht- und Predigt Archiv
Pflicht zur Information
Veröffentlicht am Fr, 07.05.2010
Beim Gebetsabend in der Martinskirche wurde in dieser Woche ganz spontan der vielen Katastrophen auf der Welt gedacht. Besonders erwähnt wurden die Menschen, die unter Katastrophen leiden. Das Erdbeben in Haiti ist schon einige Monate her, aber es hat sich tief ins Bewusstsein eingegraben, vielleicht auch deswegen, weil die Behörden in jenem Land so hilflos agieren.
Ist eine Häufung von Unglücken zu beobachten? Viele Menschen sagen, dass es immer schlimmer auf der Erde zugehe. Ich glaube das nicht. Nur die Information ist schneller geworden. Vieles, was auf der Welt geschieht, kann man Minuten später im Internet lesen. Stunden später kommt es über die Fernsehnachrichten in alle Wohnzimmer. Sicher ist das so, dass die schnelle und lückenlose Information über Unglücke den Eindruck hinterlässt, dass viel Schlimmes auf dieser Erde geschieht. Katastrophen, Erbeben, Vulkanausbrüche, der ja bisher zum Glück ganz glimpflich verlief, oder explodierende Ölplattformen sind eben für Nachrichtenmacher interessanter als gelingende Aufbauprojekte durch das Diakonische Werk, Brot für die Welt, die Caritas oder andere Hilfsorganisationen. Der Ölteppich, der an die Ufer in der Nähe des Mississippi schwappt, ist interessanter als die Folgen und die Aufräumarbeiten oder auch die Erholung der Natur in den kommenden Jahren.
Wer sich darüber informieren möchte, braucht viel mehr Hintergrundinformationen, als dies mir ein paar dürren Worten im Internet und den dazugehörenden Bildern möglich ist. Auch Fernsehnachrichten müssen auf die schnelle Information setzen, da das Zeitfenster für die Nachrichten begrenzt ist.
Für Hintergrundinformationen eignet sich viel mehr das gedruckte, geschriebene Wort. Schwierige Abschnitte kann man ein zweites Mal lesen. Man kann die Lektüre unterbrechen und nachdenken. Man kann über Geschriebenes mit anderen diskutieren, nebenher den Text nochmals betrachten und so zu tieferem Verstehen kommen.
Beim Fernsehen rauschen die Bilder vorbei. Bleibt man an einem Bild oder einem Satz hängen, gehen nachfolgende Aussagen und Bilder verloren. Allerdings sind Zeitungen oder gar Zeitschriften weniger aktuell.
So eignen sich Fernsehen und Internet oft für eine erste schnelle Information oder eine oberflächliche Nachforschung. Das gedruckte Wort ermöglicht es eher Zusammenhänge zu erkennen. Wir haben die Pflicht solche tiefere Zusammenhänge verstehen zu wollen und uns weiter zu informieren als es die schnelle Information möglich macht. Wer nur die schlimmen Bilder sieht und nicht auch das Positive an Menschlichkeit und Hilfe, das im Hintergrund geschieht, stumpft ab oder beschränkt sich auf den resignierenden Satz, dass man da nichts tun könne. Das wäre schade.
Die wöchentlichen Andachten
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