Andacht- und Predigt Archiv
Niemand will´s gewesen sein
Veröffentlicht am Fr, 06.05.2011
Vor kurzem habe ich von einer Kollegin gelesen. Sie unterrichtet in der Grundschule und kennt die Probleme der Kinder mit dem Straßenverkehr. Anfang eines neuen Schuljahres hat sie beobachtet, wie zahlreiche Autofahrer ihr Auto vor einem Zebrastreifen über eine belebte Straße so geparkt hatten, dass sie die Sicht auf den Überweg und die neuen ABC-Schützen versperrten. Sie wollte nicht abwarten, bis ein Unglück passiert ist, und hat daher Fahrer der parkenden Wagen freundlich angesprochen und sie auf die Gefahren hingewiesen. Die Kollegin berichtet, keiner der über 15 Angesprochen habe sich einsichtig gezeigt. Viele hätten gesagt: „Das ist doch nicht so schlimm. Ich parke doch nur kurz hier, um Geld im nahe gelegenen Bankomat zu holen oder einen Brief in den Briefkasten werfen.“ Einige hätte sie sogar beschimpft und bedroht.
„Ich bin unschuldig, ich habe doch nichts getan, das ist doch nicht so schlimm! Was geht Sie das an?“ Das sind die üblichen Reaktionen, wenn man andere auf ihr Fehlverhalten anspricht. Niemand will´s gewesen sein. Das erlebt man auf allen Ebenen, angefangen bei Schülern bis hoch zu den Verantwortungsträgern in Staat und Wirtschaft.
Am kommenden Sonntag begehen wir in der evangelischen Kirche den „Hirtensonntag“. Er erinnert an den guten Hirten Jesus Christus, der für die ihm anvertrauten Schafe einsteht und sich der Verantwortung nicht scheut. Für die Seinen ist sogar in den Tod gegangen. Seinem Hirtesein können wir nicht annähernd gleichkommen. Vor allem müssen wir unser Leben nicht aufopfern. Aber sein Vorbild will uns zur ermutigen, Verantwortung, wo wir sie haben, ernst zu nehmen und uns nicht mit oft so billigen Ausreden aus der Affäre ziehen. Es gibt zu viele Verschiebebahnhöfe für die Verantwortung: Eltern machen die Lehrer in der Schule verantwortlich, wenn sie nichts lernen. Lehrer klagen, dass die Kinder von ihren Eltern nicht mehr richtig erzogen würden und zuhause keine Disziplin mehr lernten. Wer bei seiner Steuererklärung schummelt, verweist auf die Reichen, die ihr Geld in großem Maßstab in Steueroasen schleusten.
Jesus hat für Hirten Maßstäbe aufgestellt, für die großen , für die kleinen und auch die ganz kleinen. Der Apostel Paulus bringt´s auf den Punkt: „Wem ein Amt gegeben ist, der diene.“ (Römer 12, 7). Verantwortung erfüllt erfüllt sich im Dienst am anderen.
Die wöchentlichen Andachten
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