Andacht- und Predigt Archiv
Macht hoch die Tür
Veröffentlicht am Fr, 03.12.2021
von Sabine Hering
Pfarrer Georg Weißel schrieb das Lied während des Dreißigjährigen Krieges. Weißel nahm sich vieler Notleidender des Krieges an und kümmerte sich auch um das Armen- und Siechenheim in seiner Gemeinde. Zum ersten Mal wurde das Adventslied am 4. Adventssonntag im Jahr 1623 gesungen; aber nicht im Gottesdienst, sondern am Gartentor des Geschäftsmanns Sturgis. Dieser hatte sein großes Grundstück einzäunen lassen, um die Bewohner des Armenheims vom Dorf und der Kirche fernzuhalten. Sturgis stand wie angewurzelt da, als die Armen und Kranken das Lied vor seinem Gartentor sangen. Bevor das Lied zu Ende war, zog er einen Schlüssel aus der Tasche und schloss das Tor auf. Und ab diesem Moment blieb es dauerhaft offen.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ – wie schön wäre es, wenn dies wieder wortwörtlich gelebt werden könnte. Doch viele Tore und Türen mussten und müssen nun wieder geschlossen werden. Veranstaltungen, die sonst dazu beitragen, in Weihnachtsstimmung zu kommen, werden abgesagt. Weihnachtsmärkte fallen aus, Weihnachtskonzerte können nicht stattfinden, Weihnachtsfeiern werden gecancelt. Besucht werden auch in dieser Adventszeit oft nur einzelne, uns besonders wichtige Menschen.
Leider sind nicht nur die Wohnungstüren pandemiebedingt geschlossen, sondern auch im übertragenen Sinn verschließen in den letzten Wochen immer mehr Menschen die Türen zu den Mitmenschen. Das Thema „Covid“ spaltet bedauerlicherweise nicht nur die Gesellschaft, sondern sogar Freundeskreise und Familien. Zu hoffen ist, dass diese Türen nicht dauerhaft verschlossen bleiben. Vielleicht ist die Adventszeit auch eine gute Zeit, diese Türen wieder zu öffnen?
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ - wie schön war es, letzte Woche im Konfirmandenunterricht dieses Lied zu singen. Es erinnert mich daran, dass die wichtigste Tür unsere Herzenstür ist, die sich für Gott öffnen soll. Darum geht es im Advent: sich bewusst auf die Ankunft von Jesus vorzubereiten. Wenn unsere Herzenstür offen ist, dann kann es Weihnachten werden. Und wenn diese Tür offen ist, werden sich Möglichkeiten finden, diese Freude auch mit anderen zu teilen: vielleicht durch einen Anruf oder einen Brief, eine nette Geste oder ein kleines Geschenk, eine von außen sichtbare Kerze im Fenster oder ein gutes Wort auf der Straße. Wenn Jesus in unser Herz einziehen darf, ist Fürsorge und Versöhnung möglich. Da können sich Türen öffnen und Tore aufgehen.
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