Andacht- und Predigt Archiv
Kein Zwang in Glaubensdingen
Veröffentlicht am Fr, 29.10.2010
Am Sonntag feiern wir evangelischen ChristInnen das Reformationsfest und gedenken unserer religiös-konfessionellen Wurzeln auf dem Hintergrund unserer aktuellen Lebenssituation - und halten sie dadurch lebendig.
„In Glaubensdingen gibt es keinen Zwang“ lautet eine der zentralen Aussagen der Reformation. Diese Erkenntnis, dass man Glauben nicht herbeizwingen kann, beruht auf dem reformatorischen Grundgedanken Martin Luthers, dass die Entstehung unseres Glaubens ein Geschenk ist, ein Geschenk Gottes. Glaube lässt sich nicht machen, wir werden davon berührt oder auch nicht, insofern liegt er ganz in der Freiheit Gottes.
Genau genommen wird jeder auf seine ganz eigene Weise davon berührt und jedes Glaubensgespräch ist insofern immer auch ein ganz persönliches Gespräch. Gläubige Christen in China werden ihre Glaubenserfahrung anders zur Sprache bringen als wir in Deutschland, ich werde meine Glaubenserfahrung, auf dem Hintergrund meines Lebens, anders beschreiben als Sie.
Unser persönlicher Glaube schenkt uns die Freiheit uns selbst eine Meinung zu bilden: „Ich stehe hier und kann nicht anders“ lautet einer der bekanntesten Sätze Luthers, mit dem er zum Ausdruck brachte, dass seine persönliche Glaubenserfahrung sein Gewissen prägt und ihm die Freiheit gibt für seine Wahrheit einzustehen und eigene Entscheidungen zu treffen, auch wenn andere Autoritäten Anderes fordern.
Zugleich, und das ist das sonderbare, ist unsere persönliche Glaubenserfahrung auch die Grundlage für Toleranz. Denn das Wissen, dass unser Glaube ein Geschenk ist, das uns auf sehr persönliche Weise berührt, bringt mit sich, dass wir diese persönliche Glaubenserfahrung auch anderen Menschen von Herzen zugestehen können.
In Glaubensdingen gibt es keinen Zwang - Ich möchte diese Überlegungen verstanden wissen als einen Beitrag zur Debatte darüber, ob wir in Deutschland, auf der Grundlage unserer jüdisch-christlichen Wurzeln, andere Religionen tolerieren sollen und können – ich denke ganze eindeutig ja.
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