Andacht- und Predigt Archiv
Es ist ein Gerücht
Veröffentlicht am Fr, 09.04.2010
von Winfried Schmid
Pfarrer / Kath. Kirche, Sonstige Dienste
Es ist ein Gerücht, wenn behauptet wird,
wir Christen glaubten an ein höheres Wesen,
eine kosmische Harmonie oder anonyme
Schicksalsmacht, an ein gasförmiges
Wirbeltier oder einen alten Mann mit
Rauschebart, an einen himmlischen
Aufpasser oder einen, der in irgendeinem
Jenseits auf einem Thron sitzt. Nein, das
alles hat für uns Christen nichts mit Gott
zu tun.
Dem heiligen Martin ist einmal der Teufel
erschienen. Allerdings nicht mit Hinkefuß
und Schwefelgeruch, denn er wollte sich
vor dem Heiligen als Christus ausgeben und
sich von ihm anbeten lassen. Der Teufel besorgte
sich also ein knackiges Outfit und zog eine
beeindruckende Show ab. Doch der Auftritt war
ein Schlag ins Wasser. Mit einer einzigen Frage
entlarvte Martin die Maskerade: Sag mal,
wo sind deine Wundmale? Zeig sie mir mal.
Für Martin – und für uns – ist der Auferstandene
kein anderer als der Gekreuzigte. Denn Gott ist
nicht theoretisch, sondern leibhaftig Mensch
geworden und nicht theoretisch, sondern
mit Leib und Blut hat er sich für die Menschen
bis zur letzten Konsequenz, bis zum leiblichen
Tod engagiert.
Diese Solidarität Gottes mit dem Leiden aller
Menschen bis zum Letzten gab dem Leiden
einen anderen Sinn und verwandelte es.
Indem der Gott des christlichen Glaubens
selbst leidet, wird er zum erlösenden Gott.
Denn wie anders könnte Gott uns
in Not und Leiden nahe sein? Wie sonst
könnte er Qual, Schmerz und Tod ertragen helfen
und es verwandeln? Trüge der Auferstandene
die Wundmale nicht, wäre er nichts als
ein Trugbild.
Martinus hat sich einen nüchternen Blick für das
Wesentliche des christlichen Glaubens bewahrt. Den und
die Freude am wahrhaft Auferstandenen wünsche
ich auch Ihnen.
Die wöchentlichen Andachten
evangelischer bzw. ökume-
nischer Autorinnen und Autoren (Angedacht KWZ
und Zum Sonntag, LKZ)
werden zeitnah in diesem
Archiv erfasst.