Andacht- und Predigt Archiv
Endstation?
Veröffentlicht am Sa, 19.11.2011
von Christoph Bayer
Geschäftsführender Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Tamm
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Pfarrer, Evangelischer Pfarrverein in Württemberg e.V.
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Pfarrer, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter
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ENDSTATION?
In dem Film „Der Hauptmann von Köpenick“: lässt der Gefängnispfarrer die Insassen anstimmen: „Bis hierher hat mich Gott gebracht, durch seine große Güte…“ Die Häftlinge singen laut. Es bleibt unklar, ob sie sich im Klaren sind, wie zynisch das wirkt.
„Bis hierher hat mich Gott gebracht…“ das lässt sich oft voller Dankbarkeit singen, bei Jahrgangsfeiern oder Goldenen Hochzeiten.
Aber es kommt für alle die Station, wo dieses Lied einfach nur geschmacklos wirkt: das offene Grab. Bringt Gott uns dahin - durch seine große Güte?
Das Grab gilt uns doch als Endstation. Alles, aber auch wirklich alles, wird uns aus der Hand genommen. Und zurückgekommen ist auch noch niemand. Kann es da trösten, wenn die Bibel sagt: „Nicht nur bis hierher, sondern auch noch weiter!“?
Beweisen lässt es sich nicht, was die Bibel erzählt vom Leben nach dem Tod. Und trotzdem ändert sich etwas, wenn ich daran glaube.
Mein Leben bekommt einen anderen Durchblick. Wenn das Grab nicht mehr Endstation ist, dann weitet sich mein Blick. Nicht für eine unbestimmte Zukunft. Sondern für das Hier und Jetzt.
Dann brauche ich mich nicht mehr damit abzumühen, alle Rätsel der Welt zu lösen. Ich brauche mich nicht mehr damit abzuplagen, aus meinem Leben alles machen zu müssen. Ich kann getrost liegen lassen, was mir eine Nummer zu groß ist. Und ich bin nicht mehr allein dafür verantwortlich, dass sich mein Leben lohnt.
„Wer an mich glaubt“, sagt Jesus, „der wird leben, auch im Tod“. Ich glaube, dass er aus den Bruchstücken, aus dem Unfertigen meines Lebens etwas machen kann. Vielleicht noch in diesem Leben. Auf jeden Fall aber im neuen Leben, jenseits der „Endstation“.
Pfarrer Christoph Bayer
Evangelische Kirchengemeinde Tamm
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