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Die Sache mit der Katze
Veröffentlicht am Fr, 28.05.2010
Nicht so sehr die großen Konjunkturzyklen hat ein Münchner Professor für Volkswirtschaft im Blick. Er interessiert sich mehr für die wirtschaftlichen Entscheidungen von Einzelpersonen und Haushalten. Dabei ist er auf die Sache mit der Katze gestoßen.
Dabei geht ein Ehepaar einige Monate ins Ausland. Es vermietet seine Wohnung und will erreichen, dass sich der Mieter auch um seine Katze, die Pflanzen und die Antiquitäten kümmert. Wie können sie sichergehen, dass er das tut?
Nach der gängigen Theorie läuft es so: Der Vermieter nimmt in den Mietvertrag einige Sonderposten auf, zum Beispiel Katze: 100, Blumen: 50, Antiquitäten: 1000 €.- – und verlangt vom Vermieter diese Beträge, falls Katze, Blumen oder antiken Möbeln etwas zustoßen sollte.
Die Wirklichkeit jedoch hält sich nicht immer an die Theorie. Der Volkswirtschaftler hat dies erlebt, als er einige Zeit als Gastprofessor an einer amerikanischen Universität arbeitete und dort mit seiner Frau eine Wohnung suchte.
Anstatt bei Fehlverhalten mit einer genau definierten Summe zu drohen, luden die Vermieter ein, sich doch wie zu Hause zu fühlen – und baten darum, sich dabei um Katze und Einrichtung zu kümmern. Was die beiden auch taten. Es war für sie eine Sache der Fairness und Ehre.
Diese Begriffe spielen freilich in der traditionellen volkswirtschaftlichen Lehre kaum eine Rolle. Der Mensch gilt dort als Egoist, der nur an seinen Vorteil denkt. Doch diese Sichtweise sei zu kurz, folgerte der Volkswirtschaftler. Zwar sei der Egoist ja keineswegs tot. Aber der Mensch funktioniere doch ein wenig anders, als es ökonomische Theorien glauben machen.
Die Sache mit der Katze ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass wir Menschen nicht berechenbar sind. Immer wieder fallen wir aus der Rolle. Und das eben durchaus auch im Guten! Die Kraft der Bitte und die Macht des Vertrauens werden offensichtlich. Der Vermieter bittet seine Gäste und traut ihnen Gutes zu. Wie sollten sie das in sie gesetzte Vertrauen enttäuschen und die Bitte abschlagen?
In der Bergpredigt heißt es aus dem Munde Jesu: „Wer ist unter euch Menschen, der seinem Sohn, wenn er ihn bittet um Brot, einen Stein biete? Oder, wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine Schlange bietet? Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!“ (Matthäus 7,9-11).
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