Andacht- und Predigt Archiv
Das Heilige Grab
Veröffentlicht am Sa, 11.09.2010
„Das Heilige Grab“ war im Spätmittelalter nicht nur in Jerusalem zu finden. An verschiedenen Orten in Deutschland wurden Nachbildungen geschaffen, damit auch Gläubige, die sich eine Pilgerreise ins Heilige Land nicht leisten konnten, davon eine Anschauung bekamen. Auch Reliquien spielten eine große Rolle. Nicht selten schrieb man ihnen heilende Kräfte zu.
Mit der Reformation wurden solche bildhaften und begehbaren Symbole in den Hintergrund gedrängt. Trotzdem erzählen sie noch heute eine Geschichte dem, der sie zu deuten versteht.
Der sehr reiche Kaufmann Georg Emmerich aus Görlitz begab sich 1464 auf eine Pilgerreise nach Jerusalem. Nach seiner Rückkehr ließ er weitgehend auf eigene Kosten maßstabsgetreu das Heilige Grab nachbauen, ersetzte eine vorhandene Kapelle am Jakobsweg durch die Kapelle zum Heiligen Kreuz (s. Bild). Der untere Teil soll an Adam erinnern, die Kapelle darüber an das Kreuz von Golgatha. Außerdem wurde ein Salbhaus erstellt und ein symbolischer Landschaftsgarten angelegt mit dem Tal des Baches „Kidron“, dem Jüngergarten und dem Ölberg…
Die Kapelle zum Heiligen Kreuz stellt eine Verbindung her zwischen dem Gekreuzigten und dem alten Adam. Der Riss in der Wand der Adamskapelle war kein Baumangel oder ein Schaden durch spätere Einwirkungen, sondern von Anfang an genau so geplant. Er soll an den zerrissenen Vorhang im Tempel erinnern, lässt zu bestimmten Zeiten Licht durchscheinen und hat eine Verbindung zu der Rinne in der Kreuzkapelle. Es gibt eine Fülle von Assoziationen, die alle biblisch belegbar sind.
Georg Emmerich hatte damit gezeigt, dass er ein frommer und großzügiger Mann war und zugleich die Grundlage gelegt, dass er zum Bürgermeister gewählt wurde.
Obwohl das Heilige Grab in Görlitz besser erhalten ist als das Original in Jerusalem, ist uns solche Art der Frömmigkeit fremd geworden. Trotzdem ist es faszinierend und gehört zu unserer Kulturgeschichte.
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