Andacht- und Predigt Archiv
Bitte bedienen Sie sich
Veröffentlicht am Fr, 22.12.2006
von Karlheinz Hering
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Möglingen
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Pfarrer, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter
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„Bitte bedienen Sie sich!“ fordert ein Schild neben einem Teller mit Nüssen. Ein ungewohnter Anblick auf dem Weihnachtsmarkt in der Fußgängerzone, dem Reich der Schnorrer und Bettler. Das Angebot muss doch einen Haken haben. Und tatsächlich, der Teller bleibt voll.
„Bitte bedienen Sie sich“ – in Supermärkten, an Tankstellen oder in Selbstbedienungsrestaurants brauchen wir diese Aufforderung gar nicht mehr. Wir tun’s! Die Rechnung wird uns am Ausgang präsentiert. Wir nehmen und zahlen. Nehmen ohne zu zahlen? Undenkbar.
Nehmen ohne zu zahlen? Sich beschenken lassen? Das fällt uns schwer, weil es ungewohnt ist. Wir nehmen nicht gerne etwas umsonst. Wir meinen, wir müssen für alles bezahlen. Darin unterscheiden uns von den kleinen Kindern. Die können sich noch freuen, einfach so und aus ganzem Herzen. An Weihnachten werden wir es wieder erleben.
„Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben.
ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.“
So dichtete der evangelische Liederdichter Paul Gerhardt, dessen 400. Geburtstag wir im nächsten Jahr feiern. Gott also gibt zuerst. Er hat das Schenken erfunden, nicht die Marketingexperten unserer Zeit, die sich davon große Gewinne versprechen. Gott macht sein Wertvollstes der Welt zum Geschenk, seinen Sohn, das Kind in der Krippe. Dieses Geschenk steht am Anfang. Gott gibt es ganz umsonst, gratis, aus Gnaden; nicht aus Berechnung, sondern aus Liebe zu uns Menschen. Unser Schenken ist Antwort auf dieses einmalige Geschenk Gottes an uns.
Wo wir dieses Geschenk empfangen können, einfach so, voraussetzungslos, wie ein Kind, da begreifen wir: Die wirklich wichtigen Dinge in unserem Leben kann man nicht kaufen. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben bekommen wir geschenkt. Einfach so.
„Bitte bedienen Sie sich!“ Nehmen wir uns, was Gott uns schenken will.
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