Zeit der Dunkelheit
Veröffentlicht am Fr, 30.10.2020
von Horst Rüb
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Martinskirche
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Beim Aufstehen morgens ist es noch dunkel und schon am frühen Abend ist es schon wieder finster. Aber wenn sich mir die Dunkelheit dann auf die Seele legen will, erinnere ich mich an Reisen in südlichere Länder. Dort sind die Jahreszeiten viel weniger ausgeprägt als bei uns. Manche Urlaubsgebiete werben geradezu mit „ewigem Frühling“. Dort habe ich den spürbaren Wechsel der Jahreszeiten bei uns zu schätzen ge-lernt. In der Bibel heißt es: „Alles hat seine Zeit.“ Der deutliche Wechsel der Jahreszeiten in unseren Breiten gibt unserem Leben einen heilsamen Rhythmus. Im Sommer zieht es uns hinaus, die Natur ist bunt und grün, die Vögel zwitschern, unsere Seele wird licht und weit. Und jetzt ist eben Herbst und der Winter steht vor der Tür. Wir sind viel häufiger drinnen, sit-zen am warmen Ofen und zünden eine Kerze an. Ganz von selbst sind wir mehr auf uns sel-ber zurückgewiesen, ziehen Bilanz über das zu Ende gehende Jahr und blicken nach vorne, was die Zukunft in diesen wahrlich nicht einfachen Zeiten bringen wird.
Ich glaube, das tut uns gut. Wie in der Natur gehören auch zu unserem Leben Helles und Dunkles. Im Rausch des Sommers nehmen wir das nicht wahr. Aber jetzt im Herbst steht es uns heilsam vor Augen. Wir haben die Chance, auch das Dunkle und Rätselhafte anzuneh-men und in unser Leben zu integrieren. Und nicht zuletzt birgt das Dunkel auch die Geheim-nisse, aus denen Neues entstehen kann.
So versuche ich die Zeit der Dunkelheit wertzuschätzen und positiv zu nutzen. Als Zeit der Einkehr und Stille. Als Zeit, in der uns das Licht des Lebens nicht einfach entgegenstrahlt, sondern in der wir es im Glauben ganz tief in uns neu entdecken können.
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