Sommerferien
Veröffentlicht am Fr, 04.08.2023
von Katrin Sältzer
Pfarrerin, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Heilig-Geist-Kirche
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Nach dem Müsli geschah meistens gar nichts Spektakuläres. Ein Buch fast am Stück lesen. Beim Seilspringen endlich die 100 schaffen und dann für die 200 üben. Hübsche Eisbecher selbst machen. Immer noch eine Runde Uno. Kirschen gab es, wenn jemand welche vorbeibrachte. Abends Federball spielen bis man nichts mehr sieht. Viel länger aufbleiben dürfen als an allen anderen Tagen. Mit einer Sternkarte den nächtlichen Himmel absuchen. Zu einer Freundin gehen, wenn man die Geschwister nicht mehr sehen mag. An manchen Tagen Langeweile und Warten aufs Kinderferienprogramm im Fernsehen. Irgendwann ins Zeltlager – zum Glück wusste Mama die Woche, denn ich hätte mich verzählt.
Wie bei vielem anderen auch musste ich ein bestimmtes Alter erreichen, um zu merken, dass diese Erinnerungen wertvoll sind. Mich so in der Zeit zu verlieren, das habe ich verlernt. Das Planen und Rechnen in Tagen und Wochen hat sich so tief eingeprägt, dass ich es auch in der freien Zeit kaum lassen kann.
Dabei wissen wir heute, wie wichtig das ist – sich ab und an in der Zeit zu verlieren. Zum einen, um wirklich abzuschalten und erholt wieder beginnen zu können. Zum anderen aber auch, weil in diesen Momenten der „Flow“ entsteht. Ganz und gar da sein und so in einer Sache aufgehen, dass man die Zeit vergisst, macht zufrieden und glücklich.
Kinder wissen von diesen theoretischen Überlegungen nichts, dafür können sie es umso besser. „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“, hat Jesus gesagt. In meiner Erinnerung dauerten die Sommerferien eine Ewigkeit und vielleicht waren sie auch genau das – ein Stückchen Ewigkeit. Denn um die Ewigkeit zu spüren, muss man sich in der Zeit verlieren.
Die Ewigkeit der Sommerferien habe ich sehr genossen. Wegen mir hätte es endlos so weiter gehen können. Auch wenn ich mich am Ende immer ein kleines bisschen auf die Schule gefreut habe. Und natürlich weiß ich heute, dass Zeit dadurch an Wert gewinnt, dass sie begrenzt ist.
Doch die Erfahrungen, die ich da als Kind gemacht habe, will ich mir bewahren. Das Zeitgefühl zu verlieren und zu merken, dass ich dabei nicht verloren gehe. Aus der Zeit zu fallen und dabei gehalten zu sein. Für Momente werden wie ein Kind und dabei etwas vom Himmelreich verstehen.
Die wöchentlichen Andachten evangelischer bzw. ökumenischer Autorinnen und Autoren unter Angedacht (KWZ) werden zeitnah in diesem Archiv erfasst.
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