Ihr seid alle eins
Veröffentlicht am Fr, 08.03.2024
von Martin Mohns
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Thomaskirche
Wenn Mann dieser Frage bei google nachgeht, findet er sich schnell in vertrauten Gefilden wieder. Blumen, die im März Saison haben, sind angesagt. Dazu der erleichternde Satz: »Blumen sagen mehr als 1000 Worte, deswegen kannst du mit ihnen deine Anerkennung zeigen.« Glück gehabt. Es braucht nicht mal etwas eigen Formuliertes. Einfach nur ein schöner Strauß. Vielleicht noch Pralinen. Am besten die fetzigen mit der Aufschrift »Super Woman«. Damit sollte es doch gut sein.
Sie ahnen es schon – ich sehe das anders. Nicht ohne Grund heißt dieser Tag in vielen Kreisen »feministischer Kampftag«. Das klingt drastisch. Und das ist es auch. Denn es geht nicht um Blumen und Schokolade, sondern um das Sichtbarmachen der allgegenwärtigen Diskriminierung von Frauen und nicht männlich-gelesenen Personen. Bekämpft werden soll nicht der Mann als Feind, das denken manche immer schnell. Sondern bekämpft werden soll das System und die Denkmuster, die zur Abwertung, zum Ausschluss und zu Übergriffen auf Frauen* maßgeblich beitragen.
Blumen sind schön anzusehen, aber sie lösen nicht die ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit zwischen den Geschlechtern. Pralinen sind lecker, aber sie schützen weder vor häuslicher Gewalt noch vor Femiziden, Vergewaltigungen und Altersarmut.
Paulus, der so viele zentrale Gedanken für unseren Christlichen Glauben formuliert hat, war ein Kind seiner Zeit. Wie wir heute war auch er verstrickt im Patriarchat. Trotzdem benennt er im Galaterbrief klar, was durch den Glauben an Jesus möglich ist: »Ihr seid alle Söhne und Töchter Gottes. Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau. Denn ihr seid alle eins in Christus Jesus.«
Das ist die bahnbrechende Erkenntnis: in Jesus sind alle Unterschiede aufgehoben! Kulturelle und nationale Unterschiede spielen keine Rolle mehr, Herkunft und gesellschaftlicher Stand sind hinfällig, geschlechterbedingte Ungerechtigkeiten werden aufgelöst – denn wir sind alle eins in Jesus Christus.
Das ist der Anspruch. Wir alle -aber insbesondere wir Männer- stehen in der Pflicht. Die Möglichkeiten, das Sicherheitsgefühl und die Privilegien, die wir schon seit nicht Kindes-, sondern Bubenbeinen haben, müssen für alle eine Selbstverständlichkeit sein. Die Realität hinkt noch deutlich hinterher. Es ist Zeit, das zu ändern.
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