Veröffentlicht am Fr, 02.11.2018
von Guido Hirschbühl, Pastoralreferent i. R.
Der November lenkt unseren Blick zurück, vor allem zurück auf Menschen, die vor uns oder auch mit uns gelebt haben. Es ist ein Monat intensiven Totengedenkens: Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag, sie alle erinnern uns daran. An die Verstorbenen zu denken heißt, sich an viele gemeinsame Erlebnisse zu erinnern, sie wieder gegenwärtig vor Augen zu haben. Das gibt uns die Möglichkeit, mit diesen Menschen in Verbindung zu bleiben, auch über den Tod hinaus. Wenn wir für sie beten, so ist das eine intensive Form dieser Gemeinschaft. Und das Gebet ist auch Ausdruck unserer Überzeugung dafür, dass die Verstorbenen im Tod nicht ins Nichts hinein gefallen sind, sondern in die Arme Gottes.
Das Beten ist nicht dazu notwendig, um Gott gnädig zu stimmen. Die Toten, für die wir nicht beten, sind niemals von Gott verlassen, sondern von uns. Gottes Barmherzigkeit ist unbegrenzt und nicht von uns abhängig. Der Apostel Paulus sagt es deutlich im Römerbrief: "Wer kann sie verurteilen? Christus Jesus ...sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein. Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? ...Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte ... können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn." (Röm 8,34-35.38-39) . Das Lohn-Strafe-Denken, das uns so lange eingetrichtert worden ist, ist eine innerweltliche Vorstellung. Es geht im christlichen Glauben nicht darum, hier gut zu leben, um dann im Jenseits belohnt zu werden oder aus Angst vor Strafe. Es geht in der Nachfolge Jesu vielmehr darum, hier gut zu leben, damit Menschen hier und jetzt spüren dürfen: ich bin geliebt und geachtet, weil ich bin. Das gilt ausnahmslos für jeden Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Nation, Religion oder Weltanschauung.
Wenn nun wie an Allerheiligen manche Menschen besonders hervorgehoben und als Heilige verehrt werden , so heißt das nicht: diese sind bei Gott - andere aber nicht. Es heißt: diese Menschen haben so gelebt, dass in der Begegnung mit ihnen - bei aller Brüchigkeit und Unvollkommenheit, die sie auch ausmachte - die Zuneigung Gottes zu uns Menschen konkret erfahrbar geworden ist. Ihr Vorbild ruft mich nicht dazu auf, sie zu kopieren, sondern auf meine Art in der Nachfolge Jesu zu leben. Der Theologe John Henry Newmann sagt das so: "Ich habe einen Platz in Gottes Plan, den kein anderer hat."
Die wöchentlichen Andachten evangelischer bzw. ökumenischer Autorinnen und Autoren unter Angedacht (KWZ) werden zeitnah in diesem Archiv erfasst.
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