Angedacht: Gott als Raum
Veröffentlicht am Sa, 13.04.2013
Haben Sie schon einmal gespürt, dass die Zeit stehen geblieben ist?
Liebende beschreiben dieses Zeitgefühl manchmal in ihren Gedichten. Die Zeit bleibt stehen. Da ist ein Geschmack der Ewigkeit, der zu kosten ist.
In der Osternacht, die wir dieses Jahr in der Johanneskirche gefeiert haben, hatte ich auch so ein Gefühl, dass die Zeit plötzlich stehen geblieben ist. Die Uhren tickten nicht mehr vorwärts. Da war ein Geschmack des Lebendig-Seins, der Auferstehung.
Wir sind es gewohnt, Zeit linear zu verstehen. Eine Zeit, die immerzu fortschreitet.
In der Bibel wird Zeit auch räumlich verstanden. Darauf hat Claudia Janssen in ihrem neuesten Buch: „Endlich lebendig“ hingewiesen. Der Satz: „Das Reich Gottes ist nahe“ (Markus 1, 15) beschreibt im biblischen Denken einen Raum, der zu erfahren und zu spüren ist, nicht erst im Jenseits oder im Sinne einer Erwartung, die auf die Zukunft verweist, sondern jetzt. Die Tür zu diesem Raum kann sich jederzeit öffnen, die Gegenwart und das Reich Gottes kann gespürt werden – vielleicht immer dann, wenn die Zeit stehen bleibt.
Mir ist dieser Gedanke wertvoll, weil er sich auch gegen ein „immer weiter“, „immer schneller“, „immer mehr“ richtet. Habe ich Zugang zu diesem Raum? Wann spüre ich, dass die Zeit stehen bleibt? Nehme ich mir Zeit für diesen Raum? Das sind die Fragen, die sich dann stellen.
Die Bibel versteht Gott als Raum. Ein Raum, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenfallen, ein Raum, der zeitliche, relationale und räumliche Dimensionen umfasst.
Ein Gottesraum. Ein Gottesreich. Hautnah.
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