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Zum Sonntag: Sind Sie „Team Fähre“ oder „Team Tunnel“?
Veröffentlicht am Sa, 05.09.2020
von Martin Wendte
Pfarrer, Citykirche-Ludwigsburg -art-und-weise-
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Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Ludwigsburg-Friedenskirche
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Hinein, hinein in diese Röhre, und was waren wir stolz, sie mit nutzen zu können! Hier, im Sommerurlaub an der Westküste Norwegens lag der längste Unterwasser-Tunnel der Welt vor uns. 14,5 Kilometer ist er lang, er wurde erst vor kurzem eröffnet und erlaubte es uns, mit unserem Auto ohne Halt unter dem Fjord vor der Stadt Starvanger durchzufahren. Was war das für ein eindrückliches Erlebnis: Sieben Kilometer lang ging es nur bergab, bis zu 300 Metern am tiefsten Punkt, beleuchtet in wechselnden, gedeckten Farben, dann wieder sieben Kilometer mit leichter Steigung hoch. Wir nahmen Teil am modernen Fortschritt, schon blinzelten wir wieder in die norwegische Sonne und waren wenig später bei unseren norwegischen Freunden angekommen.
Doch die hatten eine ganz andere Meinung zu ihrem neuen Tunnel. „Wir mochten die Fähre lieber“, sagten sie, „Denn es war wunderschön, direkt auf dem Fjord Fähre zu fahren, das Meerwasser zu riechen und die Möwen kreischen zu hören – krie, krie, mit ihren hellen Schreien.“ „Aber mit dem Tunnel können wir doch alle ohne weitere Unterbrechungen vorankommen!“ „Das ist die entscheidende Frage!“ riefen unsere Freunde aus, „denn was ist so eine Unterbrechung wert? Erlebe ich sie als Störung meines Alltags, die mich davon abhält, schnell ans Ziel zu kommen? Oder erlebe ich sie als willkommene Pause, die mir erlaubt, etwas Anderes zu erleben als nur den Alltag? Als Entschleunigung? Als Chance, mich dem zu öffnen, was ich in aller Routine nicht mehr wahrnehme? Zu unserem norwegischen Lebensstil gehört es eigentlich, Unterbrechungen als Chance zu sehen, nicht als Störung. Wir sind ‚Team Fähre‘, nicht ‚Team Tunnel‘.“
Ich denke mir: Damit haben sie Recht. Und nun, wieder hier zu Hause: Wie kann ich da immer mal wieder Mitglied im „Team Fähre“ sein – und Unterbrechungen als Chance wahrnehmen, Anderes zu erleben, und nicht vor allem als Störung meiner Routine?
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