Andacht- und Predigt Archiv
Kreisverkehr
Veröffentlicht am So, 01.01.2006
von Karlheinz Hering
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Möglingen
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Pfarrer, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter
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Kaum ist Advent und Weihnachten vorbei, schon kommen Silvester und Neujahr, bald Fasching, Ostern, Pfingsten, die Sommerferien, und schon wieder Advent … Es geht immer im Kreis herum. Manchmal kommt es einem jedenfalls so vor. Hausfrauen sagen das genauso wie Lehrer. Aber es gibt wohl kaum einen Beruf, der das nicht sagen könnte: Es ist immer dasselbe. Im Grunde wiederholt sich alles. Das kann einen beruhigen. Ich brauche keine Angst zu haben. Es kommt nichts Neues, Unbekanntes, Fremdes. Ich kenne schon alles, weiß, was geht und was nicht geht. Ich mache mir keine Illusionen mehr. Aber ich habe auch keine Träume mehr. Ich weiß schon, wie es gehen wird. Es ist immer dasselbe. Nie ist ein Anfang ganz neu. Auch ins neue Jahr nehme ich so vieles aus dem alten mit. Ich kann nicht einfach bei anfangen. Manches kann ich nicht mehr so leichtgläubig anpacken wie früher, weil ich weiß, wie man dabei auf die Nase fallen kann. Anderes will ich nicht mehr, weil mir die vielleicht vergeblichen Mühen noch immer in den Knochen stecken.Aber muss es gehen, wie es immer schon ging? Man kann doch nicht wissen, was kommt. Die Zukunft ist offen. Sie bleibt ein Geheimnis. Deshalb gilt: Es geht auch anders. Es muss nicht immer so bleiben wie es ist. Das Leben ist kein Kreisverkehr, eher ein Fortsetzungsroman, der eine ganz neue, eine ganz andere Wendung nehmen kann. Aber auch ein Kreisverkehr ist ja nicht dazu da, dass man immer nur im Kreis herum fährt. Einen Kreisverkehr gibt es wegen der Abfahrten. Damit man einigermaßen gefahrlos die Richtung ändern kann. Ich kann die Richtung ändern. Ich kann mich ändern. Das kann einem auch Angst machen. Da braucht man Mut, Zutrauen in das Neue und Unbekannte, Vertrauen, dass es gelingt. „Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen.“ Diese göttliche Zusage steht als Jahreslosung über dem neuen Jahr. Gott macht dem Volk Israel dieses Versprechen, als etwas ganz Neues und Unbekanntes beginnt. als es an der Schwelle zum gelobten Land steht. Wer in diesem Vertrauen lebt, kann zuversichtlich nach vorne blicken - gleichgültig, ob hinter der nächsten Abbiegung Gewohntes, Alltäglichen oder Neues, Unbekanntes wartet.
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