Andacht- und Predigt Archiv
Veröffentlicht am Fr, 12.08.2022
von Monika Sailer, Leitung Ökumenische Hospizgruppe
Sie haben sicher auch immer mal wieder solche Tage, an denen berufliche Pflicht und dringende private Aufgaben sich ballen. Vielleicht gibt es obendrein noch ein krankes oder pflegebedürftiges Familienmitglied oder Kinder zu versorgen. Manchmal hat man das Gefühl, alles wächst einem über den Kopf und hinter dem riesigen Berg wartet womöglich noch die Steuererklärung, für die es immer noch keine Vereinfachung gibt. Kein Zweifel – neben den vielen guten Tagen, an denen alles läuft, wird es immer wieder solche vollen Tage geben, die mich Kraft kosten.
Dann gibt es aber auch die Tage, an denen nicht die Fülle der Aufgaben, sondern ihre Schwere im Vordergrund stehen. Vor Kurzem habe ich eine Frau in meinem Alter besucht, die zum zweiten Mal ihren Mann verloren hat und deren Trauer mich sehr berührt hat. Was kann in so einer Situation überhaupt noch Trost sein, wenn alles weggebrochen ist? Trauer ist sehr kräftezehrend.
Wir alle stehen täglich vor unseren persönlichen Aufgaben und brauchen immer wieder Kraft, Geduld und Durchhaltevermögen.
An meinem Kühlschrank klebt seit vielen Jahren ein Zettel mit einem kleinen Gebet. Inzwischen kann ich es auswendig.
„Gib mir Kraft für diesen Tag.
Herr, ich bitte nur für diesen,
dass mir werde zugewiesen,
was ich heute brauchen mag. Amen“
Was mir daran gefällt, ist die Einfachheit und die Betonung auf „heute“. Ich muss nicht Bärenkräfte ansammeln, sondern ich darf einfach um eine Portion Kraft bitten, die für den heutigen Tag ausreicht. Ich bekomme sie zugewiesen und inzwischen habe ich die Gewissheit, dass sie ausreichen wird. Das Wort „Kraft“ beinhaltet für mich in der Zwischenzeit auch Dinge wie Mut, Entschlossenheit und vor allem Liebe zu meinen Mitmenschen.
Es kann sein, dass ich manchmal vor dem Berg der Aufgaben nicht an dieses Gebet denke, doch dann fällt es mir wieder ein und ich werde ruhiger, denn ich muss nur für diesen Tag denken und nur für diesen Tag bitten. Es steht so an meinem Kühlschrank!
Die wöchentlichen Andachten
evangelischer bzw. ökume-
nischer Autorinnen und Autoren (Angedacht KWZ
und Zum Sonntag, LKZ)
werden zeitnah in diesem
Archiv erfasst.