Homo Faber
Veröffentlicht am Fr, 03.09.2021
von Horst Rüb
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Martinskirche
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Er glaubt an die Machbarkeit der Dinge. Wenn etwas nicht möglich ist, dann wurden einfach noch nicht die richtigen Techniken und wissenschaftlichen Erkenntnisse gewonnen. Er glaubt nicht an das Schicksal und schon gar nicht an Gott.
Doch sein Weltbild wird auf harte Proben gestellt. Glückliche und tragische Erlebnisse bringen es ins Wanken. Erst muss das Flugzeug, in dem er nach Südamerika fliegt, in der Wüste notlanden, und am Ende ist er mit schuld am Tod seiner Tochter, von er gar nicht wusste, dass es seine Tochter war.
Der Roman beginnt in New York, der Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten und endet in Athen, der Stadt des Altertums. Faber muss den Weg zurückgehen, von der Moderne bis in die Antike.
Das Thema der Geschichte, die technische Machbarkeit der Dinge, und die damit verbundene Selbstüberschätzung der Menschen, ist heute so aktuell wie damals, als Frisch sie geschrieben hat. Die Technik hat seit Ende der 50er Jahre dramatische Fortschritte gemacht. Computer, Handys, künstliche Intelligenz sind nur einige Stichworte. Und immer noch müssen wir schmerzhaft lernen, dass wir die Welt und unser Leben trotzdem nicht einfach im Griff haben. Die Coronapandemie oder die Unwetterkatastrophen der letzten Monate, die uns die Folgen des von uns verursachten Klimawandels spüren lassen, führen uns vor Augen, wie unverfügbar unser Leben und wie zerbrechlich unser Weltbild ist.
Der christliche Glaube erinnert uns von je her an unsere Grenzen und warnt uns vor der Illusion der totalen Machbarkeit: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ (Ps 90,12). Er eröffnet uns den weiten Raum für ein Menschsein, in dem wir viel mehr sind als die mehr oder weniger erfolgreichen Schmiede unseres eigenen Glücks: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“(2. Kor 5,17). Aber nur, wenn wir uns unsere Geschöpflichkeit eingestehen und die heilsamen Grenzen anerkennen, die Gott uns setzt.
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