Freiheit
Veröffentlicht am Fr, 24.07.2020
von Thomas Schmückle
Damals feierten die Bundesrepublik Deutschland und die damalige DDR ihr jeweils 25-jähriges Gründungsjubiläum unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und einem sehr unterschiedlichen Verständnis von Freiheit.
Wenn wir heute von Freiheit sprechen kommen uns im Zeichen der Korona- Krise ganz andere oder vielleicht auch ähnliche Gedanken in den Sinn. Manche befürchten, dass durch die Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie unsere Grundwerte der Demokratie auf dem Spiel stehen. Manche gehen sogar soweit irgendwelchen Verschwörungstheorien zu glauben. Insgesamt sind viele im Hinblick auf den begriff Freiheit auf neue Weise sensibel geworden. Längst scheint sie nicht mehr so selbstverständlich und wir erkennen, wie kompliziert das mit der Freiheit sein kann. Wie weit darf die Freiheit der Einzelnen gehen? Wo ist es notwendig mit Rücksicht auf das Gemeinwohl und die Gesundheit aller eigene Freiheiten zurückzustellen? Und wer übt schon gerne Verzicht? Auf der anderen Seite funktioniert das mit der Freiheit auch unabhängig von Korona doch nur dann, wenn ich bereit bin selbst auch einmal zugunsten anderer auf meine Freiheit wenigstens teilweise zu verzichten. Z.B., weil jemand gerade meine tatkräftige Hilfe braucht, oder mein offenes Ohr für seine Anliegen, oder eine Schulter um sich Ausweinen zu können. Und wie froh bin ich selbst, wenn andere sich die Freiheit nehmen, ihre Zeit mit mir zu teilen. Auf einmal bekommt so die Freiheit, die wir uns füreinander nehmen nicht mehr den unschönen Klang von Verzicht, sondern hört und fühlt sich gut an. Wir tauschen damit ein Stück Menschlichkeit aus, die uns gemeinsam guttut. Das ist dann nicht die Freiheit über den Wolken, sondern eine geerdete Freiheit, ein gegenseitiges Geben und Nehmen. In der Bibel ist auch von Freiheit die Rede. Jesus sagt einmal zu seinen Jüngern: „Wenn euch der Sohn freimacht, seid ihr tatsächlich frei.“ Joh.8,36. Eine Freiheit in der wir uns nicht ständig um uns selbst drehen müssen in der Sorge um unser Leben. Dies macht Menschen unfrei und führt zu einem Konkurrenzkampf untereinander. Freiheit, in der wir unser Leben in der Gemeinschaft mit Jesus als wertvoll begreifen können befreit uns dazu den Nächsten zu lieben wie uns selbst. Wäre das nicht eine Freiheit, die sich in unserem Umgang miteinander besser anfühlt als die Freiheit, die sich Menschen nehmen, um auf Kosten anderer zu leben?
Thomas Schmückle
Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche, Ludwigsburg
Die wöchentlichen Andachten evangelischer bzw. ökumenischer Autorinnen und Autoren unter Angedacht (KWZ) werden zeitnah in diesem Archiv erfasst.
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