Von der Freiheit
Veröffentlicht am Fr, 23.04.2021
von Ulrich Theophil
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Johanneskirche
Pfarrer, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter
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Sicherlich nehme ich wahr und empfinde es ein Stück weit selbst so, dass wir uns im Moment sehr unfrei fühlen: Ständig irgendwelche Einschränkungen, ständig auf etwas verzichten, gefühlt viel zu oft nur zu Hause sein zu müssen. Ja, wir müssen gerade viel aushalten. Doch die großen Freiheiten des Lebens, wie z. B. sich einigermaßen frei bewegen zu dürfen, das Notwendigste einkaufen zu können, die Natur erleben zu können, all das ist möglich, wenn auch nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort. Auch unsere innere Freiheit, bestimmte Dinge zu lassen, nimmt uns keiner. Eine Freiheit bleibt uns in vielen Bereichen.
Der Freiheit liegt die Möglichkeit zugrunde, befreit von den einengenden Umständen sich frei bewegen zu können. In Freiheit sein Leben zu gestalten, dran haben wir uns sehr gewöhnt. Doch wenn wir ehrlich sind, wissen wir sehr genau: keine Freiheit führt in die absolute Freiheit. Wir können im Leben nicht alles machen, was wir uns vorstellen und was wir selbst wollen. Die Freiheit hat ihr Grenzen, sie stößt an Grenzen und sie braucht auch ihre Grenzen. Denn nur durch Grenzerfahrung wird sie sich ihrer selbst bewusst. Grenzenlos frei zu sein ist eine Vorstellung, die in manchen Träumen vorhanden sind, die jedoch in den Begrenzungen von Raum und Zeit, von eigener Kraft und Vermögen sich nicht umsetzen lässt. Jede Freiheit ist eine gebundene Freiheit. Gebunden an das, was im Moment gerade möglich ist.
Eine Freiheit, die sich mehr leiten lässt von den positiven Möglichkeiten als von den einschränkenden Umständen, die sorgt für ein Gefühl von Zufriedenheit. Viele Menschen, mit denen ich spreche, drücken dieses Gefühl von Zufriedenheit aus. Zur Freiheit gehört auch, sich den Zugang zur eigenen Zufriedenheit nicht nehmen zu lassen.
Eigene Freiheit zu haben ist ein wunderbares Privileg. Es ist ein seit Jahrhunderten heftig erkämpftes Gut von uns Menschen. Da können die Leibeigenen im Mittelalter, die ehemaligen Sklaven in Amerika oder die Arbeiter im 19. Jahrhundert manch Lied davon singen. Die erworbene Freiheit ist eine großartige Errungenschaft.
Welche Freiheit erlauben wir uns? Ich würde mir sehr wünschen, dass es eine Freiheit ist, die sich der Verantwortung gegenüber Anderen bewusst ist. Denn eine solche Freiheit hat Bestand, sie bleibt.
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