Ruth Cohn – Therapeutin für eine humane Gesellschaft
Veröffentlicht am Fr, 26.04.2024
von Katrin Sältzer
Pfarrerin, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Heilig-Geist-Kirche
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Die Erfahrungen, die sie in dieser Zeit machten, prägten sie sehr, und es war ihr ein tiefes Anliegen, aus ihrer Profession heraus am „Nie wieder“ mitzuarbeiten. Sie setzte dabei beim Einzelnen an, merkte aber schnell, dass die Couch dafür „zu eng“ war. Sie wollte Menschen zu Stärke und Empathie befähigen, so dass diese in ihrem eigenen Umfeld, in Familie, Schule, und Arbeit, zu einer humaneren Gesellschaft beitragen. Daraus entwickelte sie im Laufe der Zeit die Methode der Themenzentrierten Interaktion. Diese hilft, überall wo Menschen aufeinandertreffen, in diesem Geist zusammenzuarbeiten.
Von den vielen Gedanken Ruth Cohns, ist mir besonders wichtig geworden, dass sie den Menschen als „gleichermaßen autonom und interdependent“ beschreibt. Der Mensch ist selbständig und eigenverantwortlich. Genau so ist er aber auch abhängig und auf andere angewiesen. Das hört sich widersprüchlich an und ist doch tägliches menschliches Erleben. Niemand von uns wäre hier ohne die Fürsorge anderer Menschen am Anfang unseres Lebens. Gleichzeitig sind es wichtige Entwicklungsschritte, wenn Kinder selbständig werden. Dieses Nebeneinander von Selbständigkeit und Abhängigkeit zieht sich durch das ganze Leben. Die Selbständigkeit steigt in dem Maße, wie sich der Mensch seiner Verbundenheit „mit allen und allem bewusst wird“. Dieser Gedanke ist so wichtig und fehlt mir oft bei aktuellen Diskussionen. Es ist faszinierend: Meine Freiheit wächst, wenn ich verstehe, wie sehr ich mit anderen verbunden bin. Was ich tue, hat Auswirkungen auf andere und umgekehrt. Vielleicht sind mir diese Gedanken so nah, weil ich sie auch in der Bibel finde. Ganz am Anfang wird erzählt, wie Gott den Menschen macht. Da geht es weniger um genaue Abläufe, sondern darum, was der Mensch ist. Die Verbundenheit wird hier dadurch ausgedrückt, dass wir alle von Gott gemacht sind. Alle seine Geschöpfe und Ebenbilder sind. Darin sind wir alle gleich. Diese Erkenntnis im Herzen macht uns empathisch und stark.
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